Über 450 Speaker und mehr als 7.000 Besucher befassten sich vom 05. bis 07. Mai 2015 auf der re:publica 2015 in Berlin mit Themen wie Wearables, Internet of Things, Datenschutz, Medienwandel, neue Arbeitswelten und weiteren digitalen, gesellschaftlichen, politischen und technologischen Trends.

Besucherandrang zur Eröffnung der re:publica 2015

Besucherandrang zur Eröffnung der re:publica 2015

Die re:publica ist ein idealer Ort, um sich über digitale Trends auszutauschen sowie neue Ideen und Inspirationen zu gewinnen. Die wenigsten Vorträge befassen sich jedoch mit Themen, die einen direkten Bezug zur digitalen Wirtschaft aufweisen. Daher beschränken wir uns an dieser Stelle auf die kurze Zusammenfassung drei spannender Vorträge und verweisen für weitere Themen auf die aufgezeichneten Sessions der re:publica 2015.

Wearables – current developments on the path to relevant applications

Thomas Andrae, Director bei 3M Ventures, zeigt im Rahmen seines Vortrags anhand einiger Beispielkontexte die Möglichkeiten des Internet of Things bzw. vernetzter Wearables. Als ein Beispiel nennt er Flugzeuge, deren Bauteile mit Sensoren versehen sind, die unablässig Daten produzieren, unter anderem über ihre eigene Beschaffenheit. Sollten diese Sensoren Anomalien feststellen, werden automatisiert Gegenmaßnahmen ergriffen, z.B. die Leistung einer Turbine heruntergefahren. Dies ist jedoch nur der erste Schritt. Darüber hinaus übermitteln die Sensoren die Daten an den Zielflughafen, wo, bei entsprechender Ausstattung, Ersatzteile automatisiert in einem 3D-Drucker erstellt und zur Verfügung gestellt werden. Wenn das Flugzeug landet, stehen schon die benötigten Ersatzteile bereit und das ohne menschliches Zutun.
Ein sehr weites Einsatzfeld für Wearables ist die Medizintechnik. So können auf oder unter der Haut befindliche Sensoren medizinische Daten erfassen und automatisiert benötigste Medikamente oder Nährstoffe aus einem Wearable Device abgeben. Als Beispiel nennt Thomas Andrae ein Insulinpumpen-Wearable eines MIT Start-Ups, das sich mit der geplanten Google Kontaktlinse verbinden lassen soll. Die Kontaktlinse überwacht dauerhaft den Blutzuckerspiegel bei Diabetikern und sendet diesen an das Wearable, welches bei zu niedrigen Werten sofort das benötigte Insulin zuführt.
Laut Thomas Andrae besteht die Herausforderung bei Wearables und Internet of Things Sensoren nicht darin, passende Hardware zu entwickeln, sondern Software, welche die erhobenen Daten in nutzbringende Informationen verwandelt. Dies kann auch in überraschenden Kontexten geschehen, die man nicht direkt mit der Funktion eines Wearables verbinden würde. Als beispielsweise ein nächtliches Erdbeben in Kalifornien die Besitzer eines bestimmten Wearables um den Schlaf brachte, konnte anhand der gemessenen Aufwachzeitpunkte die Ausbreitung des Bebens erfasst werden.

Immersive journalism: Using virtual reality for news and nonfiction

Jamie Pallot, Co-Founder bei Emblematic Group, stellte in seinem Vortrag das Konzept „immersive journalism“ vor. Ziel des immersive journalism ist es, Berichterstattung erlebbar zu machen und dem Nutzer das Gefühl zu geben, als wäre er mitten im Geschehen. Um dieses Ziel zu erreichen, werden die Szenarien virtuell nachgebaut, vergleichbar mit einem Level aus einem Videospiel. Um dem realen Geschehen möglichst nahe zu kommen, werden, wenn möglich, z.B. originale Tonaufnahmen benutzt. Mittels einer Virtual Reality Brille wird der Nutzer nun in das Geschehen hinein versetzt, kann sich frei bewegen und teilweise auch mit Objekten interagieren. Als eines von mehreren Beispielen für immersive journalism zeigt er ein Projekt, bei dem der Nutzer einen Anschlag während des Syrienkonflikts miterlebt.
Studien haben ergeben, dass es eine starke Verbindung zwischen dem virtuellen und dem realen Selbst gibt. Das menschliche Gehirn lässt sich durch Virtual Reality leicht austricksen, so dass der Körper des Nutzers sich verhält, als befände er sich wirklich im virtuellen Geschehen. Zur Veranschaulichung zeigte Jamie Pallot Videos von Nutzern, die in der virtuellen Welt auf einem Balkon standen und ihren Körper in der Realität beim nach unten sehen so bewegten, als würden sie sich vorsichtig über das Geländer beugen, um nicht herunterzufallen.
Die Techniken des immersive journalism lassen sich natürlich nicht nur für journalistische Inhalte, sondern auch für Marketingzwecke nutzen. Die Einsatzszenarien sind vielfältig. Schon heute gibt es Reiseveranstalter, die ihren Kunden ermöglichen, Reiseziele und Hotels vor der Buchung virtuell zu erkunden. Weitere Einsatzzwecke wären z.B. Rundgänge durch Immobilien, virtuelle Warenhäuser oder aber auch „Content Marketing zum Miterleben“. Sollten Virtual Reality Brillen wie Occulus Rift sich im Massenmarkt durchsetzen, könnte dies dem Marketing eine komplett neue Erlebnisdimension hinzufügen.

Networking auf der re:publica 2015

Networking auf der re:publica 2015

E-Mail Wahnsinn: Zeit für eine neue Art zu Arbeiten

Laut einer aktuellen Radicati Studie erhält jeder Nutzer im Jahr 2015 täglich durchschnittlich88 geschäftliche E-Mails, davon sind 12 Spam. Im Jahr 2019 sollen es 96 pro Tag sein, davon 19 Spam Mails. In einer Analyse des eigenen E-Mail Verkehrs hat IBM herausgefunden, dass nur ein Bruchteil der E-Mails einen Bezug zur Tätigkeit bzw. direkte Handlungsrelevanz besaß. 47,25 Prozent waren interne CC/FYI E-Mails, 11 Prozent enthielten private Kommunikation, 7 Prozent waren Spam. „Wissensarbeiter“ verwenden im Schnitt 28 Prozent ihrer Arbeitszeit auf die Bearbeitung von E-Mails, so eine McKinsey Studie. Viele Angestellte empfinden dies zunehmend als Last. Stefan Pfeiffer, Marketing Social & Mobile Solutions DACH bei IBM und Gerhard Pfau, Lead Design bei IBM, zeigten in ihrem Vortrag, wie IBM versucht, diese Last zu reduzieren und die Bearbeitung geschäftlicher E-Mails effizienter zu gestalten.
Die Frage war „Wie sollte E-Mail in Zukunft aussehen?“ Um zu einer Antwort zu gelangen, bediente man sich der Methode des Design Thinking (siehe hierzu auch unseren Beitrag zur The Next Web Europe. Es wurden Personas zu verschiedenen Bedürfnissen von E-Mail Nutzern erstellt und für jede einzelne Persona analysiert, welche Painpoints sie bei der Bearbeitung von E-Mails hat und wie diese beseitigt werden können. Einige Beispiele: Der Multi-Tasker ist von einer Vielzahl an Anwendungen, die seine Aufmerksamkeit erfordern überfordert, z.B. E-Mail, Kalender, Notizen, to-do Listen, Social Media usw. Er benötigt eine einzige Oberfläche, in dem alle Anwendungen integriert sind und wo er sofort sehen kann, was als nächstes zu erledigen ist. Der Priorisierer verbringt einen großen Teil seiner Arbeitszeit damit, verschiedene Aufgaben gegeneinander zu priorisieren und zu terminieren. Er benötigt eine Funktion, mit der er Nachrichten schnell einordnen kann (Wer benötigt bis wann etwas von mir? Wer muss mir bis wann etwas liefern?) woraufhin diese ihm nach Dringlichkeit sortiert ähnlich einer to-do Liste angezeigt werden. Der Sucher wird von Informationen überflutet und findet nicht schnell genug, das wonach er sucht. Er benötigt eine Suchfunktion, die nicht nur nach Stichworten sucht, sondern den Suchkontext erkennt und z.B. eingebundene Links, Dateien, Aufgaben und Meetings mit anzeigt. Die Erkenntnisse der Persona Analyse wurden schlussendlich zusammengefasst und in der Lösung IBM Verse umgesetzt. Auch andere Anbieter, z.B. Google Inbox, haben bereits Lösungen zu „intelligenten“ E-Mail Clients vorgestellt. Ein Trend, den gerade E-Mail Marketer genauestens verfolgen sollten.