Die digitale Wirtschaft ist, mit mehr als einer halben Millionen Beschäftigten, zu einem der bedeutendsten Wirtschaftszweige Deutschlands herangewachsen. Alleine im Bereich Entwicklung, Anpassung, Testing und Pflege von Software werden 9 Prozent des gesamten Umsatzes aus dem Dienstleistungssektor von 1001,6 Mrd. Euro erwirtschaftet (Quelle: Statistisches Bundesamt). Hinzu kommen zugehörige Beratungsleistungen, die gesondert erfasst werden. Das spiegelt sich auch in dem erwarteten Umsatzwachstum der digitalen Branche wieder. So prognostiziert der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. für das Jahr 2014 ein Umsatzvolumen der Digitalbranche von 120 Milliarden Euro (Quelle: BVDW). Der Fachverband für IT und Telekommunikation hingegen geht für seinen Markt von einem Umsatzwachstum von 1,6 Prozent auf 154,4 Milliarden Euro aus (Quelle: Bitkom). Was diese Zahlen unmissverständlich zeigen: Die Märkte für digitale (Marketing) Dienstleistungen und Informationstechnologie sind weiter im Aufwind. Und sie wachsen weiter zusammen. Digitales Marketing ohne IT-Unterstützung wird zukünftig immer weniger denkbar sein. Laut einer Studie von Gartner werden CMOs im Jahr 2016 mehr in IT investieren als CTOs. Bereits heute fliesst in jedem zehnten Unternehmen mehr als die Hälfte des Marketing Budgets in IT-Investionen (Opex).
In der Reihe Trends für den digitalen Dialog 2015 (#trends2015) sieht artegic sieben Entwicklungen, die das digitale Marketing der Zukunft prägen werden.
1. (#trends2015): Datennutzungsmanagement – von Big Data zu Legal Big Data (1/7)
2. (#trends2015): Digital Customer Journey – E-Mail wird der rote Faden (2/7)
3. (#trends2015): Superpersonalisierung – digitale Authentizität gefragt (3/7)
4. (#trends2015): Multi-Display Strategien – beyond Mobile (4/7)
5. (#trends2015): Der Kunde bestimmt – weg von unternehmensgetriebenem Marketing (5/7)
6. (#trends2015): Wirtschaftlichkeitsanalyse – übergreifende Zusammenhänge bestimmen (6/7)
7. (#trends2015): Marketing Engineering – Marketing meets IT (7/7)

XMKTNG - Vier Felder Handlungsmatrix der artegic AG

XMKTNG – Vier Felder Handlungsmatrix der artegic AG

Der Netztechnikanbieter Cisco geht in einem aktuellen Report davon aus, dass das Internet Datenvolumen im Jahr 2016 die 1,3 Zettabyte Grenze überschreiten wird (Quelle: Cisco). Dies bedeutet ein durchschnittliches Datenvolumen von 110 Exabyte pro Monat. Im Vergleich: 2013 sind es knapp 44 Exabyte pro Monat gewesen. Ähnliches gilt für die gespeicherte Datenmenge. Folgt man der Theorie, dass die gespeicherte Datenmenge sich alle zwei Jahre verdoppelt, ist davon auszugehen, dass bis 2015 weltweit 7,2 Zettabyte an digitalen Informationen gespeichert worden sind (Quelle: EMC). Dazu trägt beispielsweise die steigende Anzahl onlinefähiger und damit Daten produzierender Endgeräte bei – Internet of Things. Die Entwicklung des Datenvolumens ist bei dieser Prognose noch nicht einmal berücksichtigt. Es ist zu vermuten, dass die Theorie der Verdopplung der gespeicherten Datenmenge schon bald überholt und durch einen höheren Faktor ersetzt wird. Das oben beschriebene Phänomen wird in Medien, Wirtschaft und Wissenschaft aktuell diskutiert unter dem Schlagwort Big Data. Dabei wird Big Data teils sehr unterschiedlich interpretiert. Laut einer Umfrage von IBM werden unter Big Data von Managern solche Begriffe wie “Große Bandbreite an Informationen”, “Neue Arten von Daten Analyse”, “Echtzeitinformationen”, “Moderne Medienarten”, “Datenzustrom”, “Große Datenmengen” oder auch “Daten aus sozialen Medien” subsummiert. Die Definition der wissenschaftlichen Dienste des deutschen Bundestags lautet: “Big Data bezeichnet große Datenmengen aus vielfältigen Quellen, die mit Hilfe neu entwickelter Methoden und Technologien erfasst, verteilt, gespeichert, durchsucht, analysiert und visualisiert werden können”.

Vorreiter durch Legal Big Data

Big Data ist jedoch kein alleiniges Thema der Informationstechnologie mehr. Datensammlung und -verarbeitung ist kein Selbstzweck, sondern mehr und mehr die Basis, um Informationen zu generieren, aus denen Wissen abgeleitet werden kann, das zur Erfüllung von Unternehmenszielen im betrieblichen Alltag beiträgt aber auch in anderen Lebensbereichen wie z.B. der Medizin oder im Auto Einzug hält und unsere Lebenswelten weiter verändern wird.
Bezogen auf die Erreichung wirtschaftlicher Ziele, muss Big Data also in erster Linie zielgerichtet sein. Insbesondere für das Marketing steht Big Data für Erkenntnisgewinn und eröffnet somit neue Potentiale, welche direkt auf den Umsatz einzahlen. Es können jedoch nur solche Daten für Marketingzwecke genutzt werden, die zweifelsfrei rechtskonform eingeholt wurden – Legal Big Data. Aktuelle Diskussionen über transatlantische Datensauger wie die NSA schärfen das Bewusstsein für den Umgang mit Daten.
Dies gilt insbesondere für personenbezogene Daten, die auch im Rahmen der geplanten EU-Datenschutzgrundverordnung als besonders schützenswertes Gut anerkannt wurden. Dabei soll die EU-Datenschutzgrundverordnung rechtliche Rahmenbedingungen der Verarbeitung personenbezogener Daten für wirtschaftliche Zwecke EU-weit regeln. Unternehmen, welche frühzeitig auf Legal Big Data setzen, können sich eine Vorreiterrolle im Wettbewerb verschaffen – durch die Erschliessung der Potenziale aus Big Data bei gleichzeitiger Minderung von nicht unerheblichen Risiken durch rechtliche Unsicherheit und daraus entstehende Kosten.

Einwilligungen durch Vertrauen

Erfolgreiches Dialogmarketing bedarf in einer zunehmend schnelllebigen Welt, in der Mobilität und ständige Verfügbarkeit mittlerweile zum Alltag gehören, mehr denn je einer ziel- und zeitgenauen sowie relevanten Kommunikation. Werbebotschaften müssen sich nach den individuellen Interessen und Bedürfnissen des einzelnen Nutzers richten. Voraussetzung: eine verhaltensbezogene Profilierung des Nutzers anhand von personenbezogenen Daten. Diese zu erheben, ist in der digitalen Welt unter technischen Gesichtspunkten eine Leichtigkeit. Alle Reaktionen des Nutzers lassen sich erfassen – z.B. Klicks, Conversions oder die Nutzung nachgelagerter Websites. Es benötigt jedoch mehr, als die rein technische Fähigkeit zur Datensammlung, nämlich eine explizite Einwilligung des Nutzers in die Erhebung, Analyse und Nutzung seiner Daten zu einer werblichen Ansprache. Der Erhalt möglichst umfassender Einwilligungen (Permissions) – nicht nur Einwilligungen zum Kontakt via E-Mail Marketing, sondern zur Analyse, Profilbildung – wird zur zunehmend wichtigen Aufgabe für Unternehmen. Welche Determinaten einen Einfluss auf die Abgabe einer Einwilligung durch den Nutzer haben, zeigt die nachfolgend dargestellte Tabelle.

DETERMINANTEN FÜR DIE EINWILLIGUNG EINES NUTZERS
DETERMINANTEN ERWARTETER EFFEKT AUF EINWILLIGUNG
Nutzen der Kommunikation
Information und Informationsqualität                                         +
Relevanz                                 +
Individualisierung und Personalisierung                                 +
Zeit und Aufwandsersparnis                                 +
Freude und Unterhaltung                                 +
Unmittelbare Anreize
Finanzielle Vorteile                                  +
Kosten
Registrierungsaufwand                                  –
Datenschutz- und Privatsphären- Bedenken                                  –
Datenschutzrichtlinien                                  +
Datenschutzsiegel                                  +
Belästigung                                  –
Menge der Kommunikation                                  –
Risiko                                  –
Konsumentenseitige Kontrolle                                  +
Beziehungscharakteristika
Vertrauen                                  +
Unternehmensreputation                                  +
Commitment                                  +
Zufriedenheit                                  +
Beziehungsqualität                                  +
Identifikation                                  +
Fairness                                  +
Investitionen in die Geschäftsbeziehung                                  +
Konsumentencharakteristika
Risikoaversion                                  –
Beziehungsneigung                                  +

Es wurde der empirische Nachweis geführt, wonach die Relevanz der kommunizierten Inhalte der größte Treiber für eine Einwilligung im digitalen Dialog ist. Ebenfalls wirken sich Datenschutzrichtlinien und Datenschutzsiegel positiv auf die Einwilligungsbereitschaft aus, wohingegen Bedenken zu Datenschutz und Privatsphäre einen negativen Einfluss haben (Quelle: Wissmann). Neben der strikten Einhaltung rechtlicher Regelungen – z.B. vollständige Datenschutzerklärung – gilt es daher, den Opt-In Prozess unmissverständlich und transparent zu gestalten. Dem Nutzer muss unmissverständlich ersichtlich sein,

  • für welche Zwecke seine Daten verwendet werden,
  • welche Vorteile ihm daraus erwachsen,
  • in welcher Regelmäßigkeit er – per Newsletter – kontaktiert wird und
  • wie er seine Einwilligung wieder zurückziehen kann.

Es gilt jedoch, nicht nur die relevanten Kontaktpunkte mit dem Nutzer rechtssicher zu gestalten, sondern auch die internen Prozesse. Dies umfasst sowohl die Erhebung, Verarbeitung und manipulationssichere Speicherung der Daten durch die IT als auch die Erfüllung der Nachweispflicht. Für jede Einwilligung muss ersichtlich sein, für was, wann, wo und in welchem Umfang der Nutzer seine Einwilligung abgegeben hat. Weiterhin muss gewährleistet werden, dass die Daten nicht nachträglich manipuliert werden können. Im Übrigen gilt dies auch für notwendig zu erfassende Daten im Transaktionskontext (Auftragsbestätigungen, Rechnungen → 10 Jahre Aufbewahrungsfrist).

Kein Profiling ohne Datennutzungsmanagement

Rechtssicheres Permission Marketing, also Dialog Marketing auf Basis rechtskonformer Nutzereinwilligungen, ist somit nicht nur eine Frage der richtig formulierten und erhobenen Einwilligung, sondern muss auch technisch umgesetzt werden können. Datenverarbeitende Systeme müssen gewährleisten, dass die Erhebung und Verwendung nutzerbezogener Daten stets individuell und abhängig davon erfolgt, welche konkrete Einwilligung für den jeweiligen Einsatzzweck erteilt wurde. Dazu ist es notwendig, unterschiedlich ausgeprägte Einwilligungserklärungen personengenau abzubilden. In der Praxis wird ein solches Datennutzungsmanagement bisher oftmals unzureichend realisiert. So kann die Erfassung und Nutzung von personenbezogenen Daten im Medium E-Mail in vielen Fällen nur global aktiviert oder deaktiviert werden – gilt also für alle oder keinen. Damit kann den individuellen Datennutzungserklärungen, denen der Nutzer zugestimmt hat, und auch der Abbildung der gesetzlichen Widerspruchsmöglichkeit nicht Rechnung getragen werden. Personalisiertes Online Dialogmarketing kann auf Datennutzungsmanagement daher zukünftig nicht mehr verzichten.

Zusammenfassung

Die Digitale Wirtschaft verschmilzt zunehmend mit dem Bereich der Informationstechnologie. Digitales Marketing ohne IT-Unterstützung ist kaum noch denkbar. Dies gilt insbesondere für die Nutzung von Daten für Marketingzwecke, aufgrund des stetigen Wachstums der Menge gesammelter Daten, auch unter dem Begriff Big Data diskutiert. Die Nutzung personenbezogener Daten ist jedoch nur mit Einwilligung des Kunden rechtssicher möglich – Legal Big Data. Aufgabe ist nicht nur Einholung, Verarbeitung und Ausbau dieser Einwilligungen, sondern insbesondere auch eine rechtskonforme, d.h. manipulationssichere, Nachweisbarkeit der Einwilligungen, sichergestellt durch technische Prozesse im Rahmen eines IT-gestützten Datennutzungsmanagements.

Weitere Artikel:

1. (#trends2015): Datennutzungsmanagement – von Big Data zu Legal Big Data (1/7)
2. (#trends2015): Digital Customer Journey – E-Mail wird der rote Faden (2/7)
3. (#trends2015): Superpersonalisierung – digitale Authentizität gefragt (3/7)
4. (#trends2015): Multi-Display Strategien – beyond Mobile (4/7)
5. (#trends2015): Der Kunde bestimmt – weg von unternehmensgetriebenem Marketing (5/7)
6. (#trends2015): Wirtschaftlichkeitsanalyse – übergreifende Zusammenhänge bestimmen (6/7)
7. (#trends2015): Marketing Engineering – Marketing meets IT (7/7)

Quellen

Bitkom: Deutscher ITK-Markt nimmt 2014 Fahrt auf
BVDW: Die digitale Wirtschaft in Zahlen von 2008 bis 2014
Cisco: The Zettabyte Era—Trends and Analysis
EMC: Digital Universe
Gartner: U.S. Digital Marketing Spending Report
IBM: Big Data in der Praxis
Statistisches Bundesamt: Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich
Wissenschaftliche Dienste Deutscher Bundestag: Aktueller Begriff Big Data
Wissmann, Johannes: Einwilligungen im Permission Marketing